Oder vielleicht doch nicht?

Diese Frage stellt sich häufiger als gedacht, denn spätestens bei genauerem Hinsehen steht schnell fest: Es gibt sie in allen Formen, Farben und Facetten. Doch wie entstand die heutige Vielfalt eigentlich? Um dies zu ergründen, ist ein kleiner Ausflug in die Geschichte nötig.

Spartanisch bis kostbar

Tatsächlich reicht die Spur des Brautkleids bis in die Antike zurück. Nach Aussage des römischen Lexikografen Festus wählten nämlich bereits die Römerinnen eine besondere Tunika aus, die in der Taille von einem Gürtel mit dem sogenannten Herkulesknoten (Hochzeitsknoten) geschnürt wurde. Schlicht und einfach war demnach die Devise. Zumindest mit dem Prunk von heute hatten diese Hochzeitskleider wohl wenig gemein.

Ebenso verhält es sich mit einigen der Accessoires, die heute bei keinem Brautoutfit fehlen dürfen. So waren beispielsweise auch der Schleier und die Stola den antiken Damen nicht unbekannt. Anders als heute soll der Schleier allerdings leuchtend Gelb und nicht Weiß gewesen sein.

von Agnete (Eigenes Werk) [GFDL oder CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Foto: von Agnete (Eigenes Werk) [GFDL oder CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Ihren Anfang nimmt die Geschichte des Schleiers allerdings nicht bei den Römern. Schließlich war dieser beispielsweise auch bei den antiken Griechen bekannt und soll uns ebenfalls von ihnen vererbt worden sein. Da die alten Griechen jedoch mehr Gewicht auf bindende Rituale als auf Prunk gelegt zu haben scheinen, hört es beim Schleier  auch schon wieder auf mit den Gemeinsamkeiten.

Bunt, bunter: Brautkleid im Mittelalter

Besondere Stoffe, Stickereien und Edelsteine begannen hingegen erst im Mittelalter eine Rolle zu spielen, und zwar keine unbedeutende. Farben und Schnitte nahmen rasant an Bedeutung zu. Aus dem einfachen Kleid wurde nun ein regelrechtes Statusobjekt, das nicht mehr nur für die Braut an sich stand, sondern auch Aufschluss über ihren Stand in der Gesellschaft gab. Dies bedeutete: umso höher der soziale Stand, umso bunter und prunkvoller das Kleid. Folglich stiegen die Farben Rot, Grün und Blau auf ihren Hochzeitskleidzenit, der sich bis in die Renaissance hielt, denn auch in diesem Zeitalter liebte man es üppig, bunt, ja sogar freizügig, mit tief dekolletierter, farbenprächtiger Brautmode.

Vornehme Hochzeitsgesellschaft, Wolfgang Heimbach (1620-1679), Kunsthalle Bremen Wolfgang Heimbach [Public domain], via Wikimedia Commons

Vornehme Hochzeitsgesellschaft, Wolfgang Heimbach (1620-1679), Kunsthalle Bremen. Foto:
Wolfgang Heimbach [Public domain], via Wikimedia Commons

Schön in Schwarz

Im gleichen Atemzug betrat noch eine weitere Farbe die Bühne der Brautmoden: Schwarz!

Im Gegensatz zu den prächtigen Farben wurde die Farbe Schwarz jedoch schnell und regelrecht degradiert. Oder anders gesagt: zumindest jene, die diese Farbe trugen. Denn ärmere Familien konnten sich die schillernden Farben schlichtweg nicht leisten, griffen also zum Schwarzen (eine Entscheidung, die wir noch heute fällen, gilt Schwarz in allen Lebenslagen als elegant).

Doch damit nicht genug. Mit den Jahren wurde Schwarz gar noch bedeutungsträchtiger. Denn Frauen, die schon einmal verheiratet gewesen waren oder gar Kinder vor der Ehe bekommen hatten, wurde das mit dem Jungfräulichen identifizierte Weiß schlichtweg nicht gestattet.

In Abwandlungen hielt sich diese Brautmode hartnäckig bis ins 19. Jahrhundert. Doch dann begann ein rasanter Wandel!

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Foto: Aus eigenem Bilderarchiv, digitalisiert durch Johannes Böckh (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Keusches Weiß und wilde Zwanziger

Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sich weiße Brautkleider endlich in allen Schichten etabliert. Eine Frau, die auf sich hielt und es sich „leisten“ konnte, heiratete im keuschen langen Weiß. Zumindest, bis die wilden Zwanziger am Brautkleid zupften und schnitten. Auch die braven Fünfziger Jahre änderten nichts mehr daran, dass ein Brautkleid nun auch kurz sein durfte.

Und heute?

Heute darf die Braut tragen, was ihren Traum vom schönsten Tag im Leben erfüllt!

Kurz oder lang, farbig oder weiß: All das ist längst keine Frage des Standes oder der Keuschheit mehr. Ja sogar elegantes Leder für die Motorradbraut hat sich etabliert. Nur eines ist geblieben – der Wunsch, die schönste Frau dieses einen Tages zu sein.

Foto: SnapwireSnaps (Pixabay.com, CC0 Public Domain)

Brautkleid mit Hut. Auch das geht heute ganz ohne Proleme. Foto: SnapwireSnaps (Pixabay.com, CC0 Public Domain)


Dieser Beitrag ist in co-Autorschaft mit Marianne Werner von Meinbrautkleid entstanden.


Siehe auch:

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Brautalarm im Victoria and Albert Museum

Kunst essen – ein Weg zum Glück

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