Edinburgh – das ist die Stadt der Überraschungen. Wer hierher kommt, tut dies, um einmal über die Royal Mile zu flanieren, sich das Edinburgh Castle und den Holyrood Palace anzusehen. Bei schönem Wetter geht es auch mal auf den Carlton Hill – für besonders Spazierfreudige sogar den Arthurs Seat, von wo aus sich ein einzigartiger Blick über die Dächer der Stadt ergibt.

Das südliche Ende des historischen Stadtkerns gehört nicht zu jedem Programm. Hierher kommt nur, wer ins Schottische Nationalmuseum oder zur Universität will. Bereits von Weitem ist der moderne Museumsbau sichtbar, und so kommt es, dass viele die kleine Statue von einem der berühmtesten ehemaligen Bewohner der Stadt missen – Bobby, dem Hund eines schottischen Polizisten, den die Edinburgher selbst nur zu gut kennen.

Ein genauer Blick lohnt sich

Vielleicht entdeckt man in seiner Eile aber doch die sich auf der anderen Straßenseite sammelnde Menschentraube, und geht, getrieben von der Neugierde die wenigen Meter hinüber. Dort angekommen steht man vor einem kleinen, aber keineswegs unbedeutenden historischen Denkmal der Stadt, Greyfriars Bobby genannt.

Ein Name, der dem Unwissenden nicht viel verrät. Und doch findet er sich plötzlich überall. Auf dem Namensschild des Pubs, als Straßenname und bei genauerem Hinsehen auch auf einem blauen Schild, das geradezu unauffällig an der Seitenmauer eines Hauses hängt.

Greyfriars … Was ist denn das?

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und so heißt es: Füße in die Hand und auf geht’s!

Es braucht nur wenige Schritte, bis man realisiert, dass sich hinter den bildhübschen Häuserfronten ein kleiner Friedhof befindet. Sein Eisentor steht offen – einem Besuch steht also nichts im Wege.

Unerwartet und überwältigend zugleich

Wer den Grayfriars Kirkyard betritt, kommt nicht umsonst, denn hier gibt es etwas, womit man nicht unmittelbar rechnet, wenn es auf einen Friedhof geht. Der erste Grabstein, den man passiert, gehört nämlich nicht zu dem Grab eines verstorbenen Menschen. Nein, es ist das Grab eines Hundes.

»Greyfriars Bobby starb am 14. Januar 1872 im Alter von 16 Jahren.

Lasst seine Loyalität und seine Hingabe eine Lektion für uns alle sein,« steht auf seinem Grabstein geschrieben.

Es ist die Geschichte eines Hundes, der seinen Halter bereits im Alter von 2 Jahren verlor. Für die darauffolgenden 14 Jahre seines Lebens, bis zum Ende seiner Tage, wich dieser dem Grab seines Herrchens, dem schottischen Polizisten, nicht von der Seite. Nur eine Ausnahme soll es laut den Überlieferungen dieser Zeit gegeben haben: der Ausflug zum Essen im Pub um die Ecke.

Schon damals rührte er die Herzen der Anwohner, die sich um ihn kümmerten und ihn zu der Legende werden ließen, die er heute ist. Nach seinem Tod wurde er heimlich auf dem Greyfriars Kirkyard beerdigt, an der Stelle, wo heute sein Grabstein steht und nur wenige Meter von dem Mann entfernt, von dessen Seite er auch über den Tod hinaus nie gewichen ist.

von Kim Traynor (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Der Greyfriars Kirkyard ist nicht nur bei Sonnenschein einen Besuch wert. Besonders bei nebeligem Wetter umrankt ihn ein ganz besonderer Flair. Von Kim Traynor (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Ich kann jedem, der diese bezaubernde Stadt besucht einen Abstecher zum Greyfriars Kirkyard nur wärmstens empfehlen. Es ist eine kleine Oase, auf der seit dem 16. Jahrhundert Beerdigungen stattfinden – ein Ort, voller Geschichten und darüber hinaus einem unvergleichlich schönen Blick auf das Edinburgh Castle.


Adresse: Candlemaker Row, Edinburgh EH1 2QQ, Vereinigtes Königreich


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