Bescheiden lugt Stefan Schaufelberger über den Rand eines überdimensionalen Porträts der besonderen Art – denn er entwickelte es in Bier. Wie kommt man auf so eine Idee und was steckt eigentlich dahinter? KuKu hat einfach einmal nachgefragt.
»Manchmal müssen Ideen reifen, bis man sie umsetzen kann«
Stefan Schaufelberger ist kein Mann der Eile. Er nimmt sich Zeit – zum Beantworten der gestellten Fragen, zum Entwickeln seiner Projektideen und auf seinem Weg durch die Welt der Fotografie. Deshalb überrascht es kaum, dass seine Reise von der ersten digitalen Spiegelreflexkamera über anfängliche Experimente mit Kollodium Nassplatten bis hin zu diesem in Bier entwickelten Porträt vor allem von zwei Dingen geprägt ist: Geduld und Durchhaltewillen.

Der Film und die Kamera: Stefan Schaufelberger hat sie für sich wiederentdeckt, als er sich auf der Suche nach etwas befand, um von den Zwängen des digitalen Arbeitens auszubrechen. Zum großen Glück für uns. Foto: Stefan Schaufelberger
»Der Geruch und die Stimmung in einer Dunkelkammer lässt mich nostalgisch werden«
Gelernt hat er sein Handwerk zunächst in Eigenregie. Daraufhin folgten mehrere Jahre in der Pressefotografie. Dort geblieben ist er jedoch nicht. »Nachdem ich einige Jahre in der Presse gearbeitet hatte, wo alles dank der Digitalisierung und Optimierung von Arbeitsprozessen immer schneller und schneller gehen musste, hatte ich das Bedürfnis, wieder zurück zu den Wurzeln zu gehen«, sagt er. Das bedeutete: Weg mit der Digitalkamera und her mit dem guten, alten fotografischen Film. Aus heutiger Sicht betrachtet, eine lohnenswerte Entscheidung, denn es öffneten sich dadurch Türen und Wege zu vollkommen neuen Ufern.
»Das Fotografieren bedeutet mir nichts. Das Resultat bedeutet mir viel«
Anders als viele andere Fotografen findet Stefan Schaufelberger seine Erfüllung nicht ausschließlich im Fotografieren selbst. Für ihn scheint es mehr eine Art Mittel zum Zweck zu sein, das am Ende nur in der Kombination mit dem Drumherum zu dem endgültigen Kunstwerk führt. Dieses Drumherum ist bei ihm weitaus mehr, als das schlichte Motiv. Es ist der Weg dorthin und der braucht – wovon er sich viel nimmt – Zeit. Und so ist es geradezu selbstverständlich, dass Stefan Schaufelberger seine Berufung nicht in der normalen, sondern in der alternativen Fotografie gefunden hat.

Experimentelle Quellen eines Fotografen auf der Suche nach dem gewissen Etwas. Fotogrefien von Links nach Rechts: bykst (pixabay.com), ponce_photography (pixabay.com), ColiN00B (pixabay.com)
»Zu Beginn hatte ich auch etwas Glück«
Aber was genau heißt das eigentlich – alternative Fotografie? In Stefan Schaufelbergers Fall hat dieser von Anfang an mit Lebensmitteln zu tun. Nicht als Objekt der Begierde für ein Stillleben, sondern als Basis für die endgültige Filmentwicklung. Natürlich kam diese Idee nicht von ungefähr. Tatsächlich nahm sie ihren Ursprung mit einem Forumsbeitrag von 2011, der einen Einblick in die Entwicklung von Filmen in Instantkaffee gibt. Von dort aus führte der Weg weiter zu Wein und dieser brachte wiederum die Idee mit sich, die Fotoentwicklung mit Bier zu erproben. Von diesem Moment an hieß es dann erst einmal: experimentieren, experimentieren, experimentieren.
Eine Methode entsteht
Dabei stellte sich bald heraus, dass für die Filmentwicklung in Bier eine ganze Reihe von Faktoren zu berücksichtigen sind. Zum einen spielt bereits der Filmtyp eine große Rolle. Aber auch das Verhältnis von Waschsoda Pulver und Vitamin C zu Bier sowie die Faktoren Zeit und Temperatur sind elementar.
Selbst schreibt Stefan Schaufelberger über diese Phase seines Schaffens:
[su_quote]»Temperatur war einfach. Da die meisten Filme in einem gewissen Temperaturbereich entwickelt werden, habe ich mich daran gehalten (20 Grad Celsius). Zeit war und ist schwierig. Hier spielt die Erfahrung eine große Rolle. Ich hatte die Filme in 10-min-Schritten getestet und habe eine grundsätzliche Ahnung, wo ich beginnen muss, um bei einem mir unbekannten Bier ein akzeptables Resultat zu erhalten. Auch bei Soda und Vitamin C hatte ich Glück. Durch einen Fehler in den Abmessungen bin ich auf ein Rezept gestoßen, welches sich für viele Biere eignet. Auch hier spielt Erfahrung eine Rolle, denn nicht jedes Bier reagiert gleich.«[/su_quote]
Der Weg zur Bierfotografie war also nichts, was von heute auf morgen geschah. Es war ein langwieriger Prozess, der gewissermaßen bis heute anhält. Unterwegs entstand unter anderem das mittlerweile beendete Kunstprojekt »Das Institut für Angewandte Bierkunde«. Darüber hinaus schuf er die Porträtreihe »The Face of Beer«, die er im Rahmen der Berlin Beer Week erstmals in Deutschland präsentierte.

Für die Porträts der Fotoreihe The Face of Beer bereitste Stefan Schaufelberger Europa und besuchte Brauereien vor Ort. Die Filme entwickelte er anschließend in dem jeweiligen Bier der entsprechenden Brauerei. Dabei ging es ihm um die Frage, ob sich Geschmack visualisieren lässt. Das Endprodukt gibt hierauf eine deutliche Antwort. Foto: Stefan Schaufelberger
Wir sind schon jetzt gespannt darauf, wohin es diesen beeindrucken Porträtfotografen als nächstes ziehen wird. Nur eines ist sicher – er wird sich noch ewas Zeit damit lassen und uns dann auf wundersame Weise verblüffen. 🙂
Wissenswertes über die Bierfotografie
[su_quote] »Jedes Bier verhält sich anders beim Entwickeln. Hier ist ein großes Wissen über die Herstellung von Bier von immensem Vorteil. Industriell hergestellte Biere eignen sich, wenn man konsistente Resultate erhalten will. Wobei man sagen muss, dass es einige Versuche braucht, um ein Resultat zu erzeugen. Hat man aber ein Rezept zur Entwicklung gefunden, so lässt sich dieses, ebenso wie das Bier selbst, sehr genau reproduzieren. Bei Handwerklich hergestellten Bieren wird’s spannend. Da kann sich die Entwicklung von Flasche zu Flasche unterscheiden. Dies hat verschiedene Gründe (unterschiedlicher Reifegrad, unterschiedliche Abfüllung (damit meine ich aus welchem Teil des Tanks das Bier kommt) etc.) und ist für mich mit ein Grund warum ich Craft Bier Brauer für das Projekt The Face of Beer ausgesucht habe.«[/su_quote]
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