Gelesen wird:
Museen, Migration und kulturelle Vielfalt. Handreichungen für die Museumsarbeit
Hg. Deutscher Museumsbund e. V. (2015)

Die Themen Migration und kulturelle Vielfalt gehören ins Museum. Der Leitfaden des Deutschen Museumsbundes gibt Anregungen und Lösungsvorschläge dazu, wie das in der Praxis aussehen könnte.

Stichwort: Zeitzeugen

Was oder wen braucht ein Museum eigentlich, um Ausstellungen zu machen, bei denen möglichst Viele zu Wort kommen? Es geht, wie bereits in den ersten beiden Teilen besprochen, vor allem um die Darstellung des gesellschaftlichen Querschnitts. Und wer, wenn nicht die Bevölkerung selbst, ist besser dazu geeignet, die eigene Geschichte aus dem individuellen Blickwinkel zu erzählen?

Bei kommenden Ausstellungen sollte es deshalb vor allem darum gehen, jene Menschen mit einzubeziehen, die einen Mehrwert zu der behandelten Thematik bieten können. Es geht darum, zu reflektieren und den Einzelnen aus der Allgemeinheit zu Wort kommen zu lassen. In diesem Zusammenhang spielen Zeitzeugen eine außerordentliche Rolle, denn Sie sind es, die mit ihren Erlebnissen und Erinnerungen Objekte zum Leben erwecken, die in Vitrinen auf den Museumsbesucher warten. Und sie sind es, die letztlich verdeutlichen können, wie viele Bedeutungsschichten ein jedes Ausstellungsstück in einer Sammlung hat. Behalten wir also die Tatsache im Hinterkopf, dass Migration und kulturelle Vielfalt schon immer ein ständiger Begleiter der Menschheitsgeschichte waren, ergeben sich diesbezüglich vollkommen neue Herangehensweisen und Möglichkeiten für ein jedes Museum, aber auch für jeden Museumsbesucher selbst.

Gelegenheit: Sonderausstellung

Einen ungeheuren Vorteil gegenüber Dauerausstellungen sieht der Deutsche Museumsbund in Wechselausstellungen. Denn diese sind meist nur für kurze Zeit geplant und machen in einem kleinen Rahmen möglich, was auf die Schnelle nicht in größerem Umfang geht. Objekte, die normalerweise nicht Teil der Dauerausstellung sind, können in diesem Rahmen gezeigt werden, und dass dies viele Museumsbesucherherzen erfreut, ist wohl kaum anfechtbar. Zudem macht die Sonderausstellung einen sogenannten Testlauf möglich, denn sie kann dazu genutzt werden, neue Exponate zu erproben. Wie wirken diese auf die Besucher? Können wir damit aussagen, was wir uns erhofft haben? Wenn ja, kann nach der Sonderausstellung überlegt werden, ob man die Ausstellungsstücke nicht gänzlich integrieren sollte. Wenn nein, dann war es zumindest der Versuch, es besser zu machen und das ist oft mehr wert, als überhaupt nichts zu vagen.

Kleine Schritte mit großer Wirkung

Während neue Ansätze mit Sonderausstellungen verhältnismäßig einfach angewandt und erprobt werden können, verhält es sich mit den Dauerausstellungen der musealen Institutionen etwas schwieriger. Denn sie sind meist riesig, unterliegen einem gebündelten Konzept und erfordern bei Änderungen oftmals erheblich mehr finanzielle Aufwendungen. Doch es geht auch anders, denn wer sagt, dass sich die gesamte Dauerausstellung von heute auf morgen zu ändern hat?

Neue Aspekte bringen auch kleine Neuerungen mit sich. Dies können beispielsweise Neuanordnungen der bereits ausgestellten Elemente sein, die zu einer anderen Konstellation führen. Aber auch Ergänzungen aus künstlerischen Mitteln machen vieles möglich. Wie dies geht, haben unter anderem Alain de Botton und John Armstrong mit einem so einfachen Mittel wie dem gelben Zettel bewiesen. Zwar ging es während der Sonderausstellung »Art is Therapy« 2014 darum, wie wir Kunst sehen und inwiefern sie uns helfen kann, wenn wir sie nur lassen. Doch das Prinzip hat gezeigt, dass es nicht mehr braucht, als eine solche Idee, um die Dauerausstellung eines Hauses im Nu aus vollkommen anderen Augen zu sehen. Auch mit dem Thema Migration und kultureller Vielfalt ist so etwas möglich. Man muss es nur tun.


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