Klingt komisch, ist aber tatsächlich so. In Kopenhagen bietet das Thorvaldsens Museum erstmals den sogenannten Silent Walk durch seine Sammlungen an. Aber wie stellt man sich dies genau vor? Ich habe einfach einmal nachgefragt.

Meet up – shut up – look up

Der Slogan des dänischen Moderators, Redners und Stilleexperten Bastian Overgaard klingt schon etwas sonderbar. Und doch ist tatsächlich viel dran, an diesen Worten. Denn in unserer bunten und rasanten Welt kommt eines immer wieder viel zu kurz – die Stille und die damit verbundene Besinnung auf das, was wirklich zählt. Deshalb bietet Overgaard bereits seit einer Weile Führungen durch Kopenhagen an – ganz ohne Worte, versteht sich.

Wie dies aussieht, zeigt er in diesem kurzen Video:

©Bastian Overgaard

Das Museumserlebnis der anderen Art

Eigentlich arbeitet man in der deutschen Museumswelt ja gerade fieberhaft daran, das verheerende »Psssst…« aus den Ausstellungsräumen zu vertreiben, und den Museumsbesuch zu einem lebhafteren Erlebnis werden zu lassen. Nicht so im Thorvaldsens Museum. Und der Grund ist denkbar einfach, denn während Kommunikation und Vermittlung wichtige Eigenschaften eines Museums sind, ist es ebenso von Bedeutung, ab und an der Stille ihren Raum zu lassen. Denn sie ist es, die uns erdet und die ganz persönliche Auseinandersetzung mit einem Werk unterstützt. Während eine Führung mit Worten voller Fakten und von außen kommenden Eindrücken ist, begleiten den Besucher des Silent Walks vor allem die eigenen Sinne.

Bereits 2015 ging es im ersten readTicker auf KuKu um Mittel und Wege, Kunst endlich einmal anders, individueller und emotionaler zu sehen. Aus diesem Grund ist es absolut wunderbar, zu sehen, dass auch in Dänemark derartige Tendenzen zum Vorschein kommen.

Was, wenn wir während eines Museumsbesuches tatsächlich einmal ganz allein sein können mit den Werken, die uns begeistern, berühren und bewegen?

Was, wenn kunstwissenschaftliche Aspekte zur Abwechslung einmal keine Rolle spielen?

Ja was, wenn wir die Kunst einfach einmal ihrer selbst wegen genießen dürfen?

Von der unangenehmen Stille zum Aha-Erlebnis

Birgitte Agersnap, Museumsinspektorin des Thorvaldsens Museums, beschreibt mir den Silent Walk mit einer anfänglichen, geradezu verlegenen Stille. Denn die Museumsbesucher von heute sind es nicht gewohnt, ohne ein gesprochenes Wort durch eine Ausstellung geführt zu werden. Dabei ist es jedoch nicht so, dass der Silent Walk gänzlich ohne Kommunikation vonstattengeht. Diese geschieht jedoch auf einem anderen Weg – per Zeichensprache.

Aus diesem Grund gibt der Führungsreferent am Anfang einer jeden Führung eine Einweisung – ausnahmsweise auf gesprochene Weise – und erklärt, wie man während der etwa einstündigen Tour miteinander kommunizieren kann. Was dann folgt, ist eine Begehung des Museums auf besondere Weise, denn von nun an wird nur noch gezeigt, nicht mehr gesprochen. Eine Sache, die Gewöhnung erfordert und das dauert nach Aussagen der Museumsinspektorin immer gute zehn Minuten. Danach ist für die Geführten alles anders. Sie sind angekommen, in der Stille und bei sich selbst. Am Ende beschreiben viele das Erlebnis als eine Art »Befreiung innerhalb des eigentlichen Museumserlebnisses, ohne aber gänzlich allein gelassen zu werden, denn der Führungsreferent gibt auch ohne Worte einen sicheren Rahmen und Halt«.

Das Besondere am Thorvaldsens Museum

Aber warum findet der Silent Walk ausgerechnet im Thorvaldsens Museum statt? Es ist ja nicht so, dass Kopenhagen nicht über eine ganze Reihe von Museen verfügen würde. Gestellt habe ich der Museumsinspektorin diese Frage nicht, denn ich glaube, die Antwort bestens zu kennen.

Foto: Thorvaldsens Museum

Das ewige Licht- und Schattenspiel erweckt die Skulpturen im Thorvaldsens Museum geradezu zum Leben. Foto: Thorvaldsens Museum

Das Thorvaldsens Museum ist nämlich nicht, wie alle anderen Museen der Stadt. Es hat Besonderheiten, über die niemand sonst verfügt – allem voran die Lichtverhältnisse, die seit seinem Bau 1848 ausschließlich über die Fenster gesteuert werden. Das Licht, das sich in den Räumlichkeiten ergibt, richtet sich somit nach dem, was das Wetter von draußen mit sich bringt. Und so gestaltet sich ein jeder Besuch in dem ältesten Museum der Stadt als wahres Unikat. Kein Tag ist wie der andere, kein Lichteinfall bleibt gleich. Vollkommen unabhängig von der Art der Führung, mit Sprache oder ohne, treffen die Besucher des Thorvaldsens Museums auf eine Welt, die vom Spiel aus Licht und Schatten geprägt ist, wie sonst nirgendwo in der gesamten Stadt.

Thorvaldsen berührt durch seine Werke, das Museum durch seine Schattenspiele und nun der Silent Walk durch das nicht gesprochene Wort.

Eine Erfahrung, die ich mir mit Sicherheit nicht entgehen lassen werde!

Und ihr?


Weitere Informationen

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[su_tab title=“Wann?„]

Der nächsten Termine des Silent Walk sind jeweils um 15:30 am:

  • Donnerstag d. 5. Juni 2016
  • Donnerstag d. 4. August 2016
  • Donnerstag d. 1. September 2016
  • Donnerstag d. 6. Oktober 2016
  • Donnerstag d. 3. November 2016

Weitere Termine sollen folgen.

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[su_tab title=“Wo?„]

Thorvaldsens Museum, Bertel Thorvaldsens Plads 2, 1213 Kopenhagen, Dänemark

 +45 33 32 15 32
thm@thorvaldsensmuseum.dk

[/su_tab]

[su_tab title=“Öffnungszeiten„]

Dienstags bis Sonntags: 10:00 – 17:00

Montags sowie den 25., 25., 31. Dez. & 1. Jan. geschlossen

[/su_tab]

[su_tab title=“Kosten„]

Museum ohne Führung:

Erwachsene: DKK 50
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren: kostenfrei
Jahreskarte: DKK 150
Mittwochs ist der Eintritt kostenfrei!!!

Der Audioguide ist ebenfalls kostenfrei erhältlich.

Museum mit Führung: 150 Kronen pro Erwachsenen

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[su_tab title=“Sonstiges„] Informationen rund um das Thorvaldsens Museum gibt es auf der Homepage des Museums[/su_tab]

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