Es war ein außergewöhnlicher, ja nahezu einzigartiger Vormittag, den ich heute erleben durfte. Wie bereits angekündigt, verbrachte ich diesen in der momentanen Sonderausstellung des Kupferstichkabinetts – inmitten einer bunten Hundebande und ihren Besitzern.

An die Leinen, fertig, los!

Selten war ich so gespannt auf einen Museumsbesuch wie heute. Immerhin erlebt man so etwas nicht alle Tage. Und so fragte ich mich auf dem Weg dorthin, was mich wohl erwarten würde.

Ein Rudel Riesendoggen oder eine Chihuahua-Armada?

Auf Erfahrungen in diesem Bezug konnte ich wahrlich nicht zurückgreifen. Aber irgendwie war gerade das ausschlaggebend für eine besondere Vorfreude, die ich auch in den Gesichtern der Hundehalter erkennen konnte, die sich bei meinem Eintreffen bereits vor dem Eingang des Kupferstichkabinetts eingefunden hatten. Man unterhielt sich, die Hunde begrüßten einander und alle warteten gespannt auf die sich öffnenden Pforten um 10 Uhr.

Gespanntes Warten auf den Einlass

Wann geht es endlich los?

 

Der Hundereporter Leopold und seine Kamera.

Der Hundereporter Leopold und seine Kamera.

Leopold – der Hundereporter

Schon aus weiter Ferne stach einer ganz besonders aus der Gruppe hervor, denn er war größer als alle anderen Hunde und trug etwas auf seinem Rücken. Es war eine kleine Kamera, die ihn nicht weiter störte und die ihn unverkennbar als Reporter entlarvte. Ruhig und gelassen blickte er die umherschnuppernden Hunde an. Anders als sie, war er allerdings zum arbeiten hier. Doch das ließ er sich nicht anmerken. Und so schloss sich der tiefenentspannte Leopold mit seiner verdächtig rot blinkenden Kamera auf dem Rücken den übrigen Hunden an, als es mit viel Schwanzgewedel gen Sonderausstellungsraum ging.

Oben angekommen warteten frisches Trinkwasser und eine Portion Leckereien auf die vierbeinigen Museumsbesucher. Aber die meisten ließ das kalt – sie spazierten ebenso zielstrebig in den Ausstellungsraum wie ihre Besitzer am anderen Ende der Leinen – beinahe so, als sei dies ein alltägliches Phänomen.

 

Eine Führung mit Hund

Die Führung selbst richtete sich, wie ich es erwartet hatte, vorrangig an die Hundebesitzer. Alles andere wäre auch etwas zu schräg gewesen. Und so machten wir uns auf den Weg durch eine beeindruckende Ansammlung von Hundedarstellungen, die zwischen dem Mittelalter und der heutigen Zeit entstanden waren. Etwas wehmütig schaute und hörte ich dem Führungsreferenten Thomas Hoffmann zu und erinnerte mich an die Zeit, in der ich an seiner Stelle gestanden und Besucher durch die Sammlungen der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen geführt hatte; nicht mit Hund versteht sich. Und so konnte ich es kaum erwarten ihn nach der Führung auf seine außergewöhnliche Arbeit anzusprechen.

Überrascht stellte ich fest, dass es für ihn keinen Unterschied machte, ob er die Besucher des Hauses mit oder ohne Hund durch die Ausstellung führte. Beides war für ihn vollkommen normal und wunderbar und eben diese Einstellung war während der gesamten Führung zu spüren. So unkonventionell und außergewöhnlich der Museumsbesuch mit Hund auch ist – es fühlte sich alles an wie immer und das empfand ich persönlich als ganz besonders schön.

in der Ausstellung

Fast könnte man meinen, dieser Anblick sei eine reine Selbstverständlichkeit.

 

Konnte er sich diese Form der Führung als generelles Konzept vorstellen?

Ja und nein, denn während seines (und auch meines) Erachtens einerseits dringend neue Ideen nötig sind, um an das Publikum heranzutreten und jene zu erreichen, die sonst keine Museumsgänger sind, kann ein ständiger Besuch mit Hund auch Nachteile haben. Darüber waren wir uns beide sofort einig – letztendlich geht es nämlich um die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Kunstwerken, welches eine Sache ist, der man sich schlichtweg nicht hingeben kann, wenn man auf dem einen Auge auf seinen treuen Gefährten achten muss.

Eine Möglichkeit, über die wir in diesem Zusammenhang kurz philosophierten, war das »einmal im Monat-« Angebot. Generell ist gegen einen Besuch und auch eine Führung mit Hund nämlich rein gar nichts einzuwenden. Erst recht nicht vor dem Hintergrund, dass diese Möglichkeit tatsächlich Menschen anlockt, die sonst nicht kommen würden. Deshalb kann sich Thomas Hoffmann prinzipiell schon vorstellen, einmal im Monat eine Hundeführung zu machen – auch in anderen Bereichen des Hauses.

Eine Idee, über die nachgedacht werden kann und sollte. Denn alleine durch meine Gespräche mit einigen der Hundebesitzer wurde deutlich: Viele von ihnen wären nicht gekommen oder hätten nicht teilnehmen können, weil entweder das Interesse oder die Möglichkeit gefehlt hätte.

 

Und was sagen die Hundebesitzer selbst zur Führung mit Hund?

»Mit Hund ist’s viel besser!« sagt der Sohn einer netten kleinen Familie lächelnd zu mir, die sich freundlicherweise Zeit für meine Fragen nahm. Für ihn ist es zu meiner großen Freude nicht der erste Museumsbesuch, aber sichtlich einer, der ganz oben in seiner Rankingliste gelandet ist. »Denn da kommen dann so viele andere die man sich anschauen kann«, erzählt er voller Freude weiter. Die Kunstwerke hat er selbstverständlich trotzdem nicht aus den Augen verloren und so beschreiben auch seine Eltern dieses Erlebnis als durchaus positiv. Es ist einfach etwas anderes mit Hund, selbst wenn es für ihn vielleicht nicht so aufregend ist wie für seine Halter. »In gewisser Weise betrachtet man die Ausstellung einfach auf eine andere Weise«, sagen sie und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dem tatsächlich so ist.

 

»Als ich zum ersten Mal von dieser Führung hörte, dachte ich, jetzt sind alle verrückt geworden«, sagt die Besitzerin von diesem kleinen Mann und wir mussten beide lachen. Sie sind doch zusammen her gekommen und ebenso angetan von dieser einzigartigen Möglichkeit wie die übrigen Besucher.

»Als ich zum ersten Mal von dieser Führung hörte, dachte ich, jetzt sind alle verrückt geworden«, sagt die Besitzerin von diesem kleinen Mann und wir mussten beide lachen. Sie sind doch zusammen her gekommen und ebenso angetan von dieser einzigartigen Möglichkeit wie die übrigen Besucher.

Eine andere Besucherin gibt offen zu, dass sie, anders als ihre Tante, eigentlich keine Museumsgängerin ist. Die Möglichkeit seinen Hund mitbringen zu dürfen, fand sie dann aber doch so verlockend, dass sie sich letztlich für den Gang ins Museum entschied – zur großen Freude ihrer Tante und auch meiner eigenen, denn mir geht doch immer wieder das Herz auf, wenn ich Menschen begegne, die entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit in ein Museum gehen und am Ende mit einem positiven Erlebnis heimkehren. Dauerhaft würde sie ihren Hund allerdings nicht unbedingt mitnehmen wollen. »Für die Hunde ist das doch eigentlich langweilig«, sagt sie und ich denke, damit hat sie nicht unbedingt unrecht.

 

Sind Hunde nun die besseren Zuhörer?

Ich sage es ganz ohne Umschweife: Nein!

Aber eine Erfahrung ist diese Führung allemal Wert – da waren sich alle einig!

Und so neigt sich ein ereignisreicher Tag seinem Ende zu.

Alles was mir bleibt, ist die wärmste Empfehlung, selbst einmal an dieser einzigartigen Führung teilzunehmen. Dies ist an auserwählten Tagen noch bis Mitte September möglich.


Nähere Informationen zur Sonderausstellung: Wir kommen auf den Hund

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[su_tab title=“Wo?„]

Kupferstichkabinett, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin

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[su_tab title=“Wann?„]

26.06. – 20.09.2015

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[su_tab title=“Öffnungszeiten„]

Museum und Fundstelle:
Dienstags bis Sonntags: 10:00 – 18:00 Uhr

Montags geschlossen!

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[su_tab title=“Kosten und Anfahrt„]

Alle erforderlichen Informationen finden Sie hier.

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[su_tab title=“Sonstiges„]

Nähere Informationen zum Kupferstichkabinett gibt es hier.

 

Wann die Führungen mit dem eigenen Hund besucht werden können, und worauf dabei geachtet werden muss, kann hier nachgelesen werden.

 

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An dieser Stelle noch ein besonders herzlicher Dank an Anna Mosig von der Facebookredaktion und an Achim Klapp von der projektbezogenen Kommunikation der Staatlichen Museen zu Berlin ohne deren Hilfe ich diese Führung nicht hätte miterleben können.

Weiterhin bedanke ich mich bei Thomas Hoffmann für seine Offenheit und seine unbefangene Herangehensweise, die mich auf’s positivste überrascht und erfreut hat. Selbst wenn ich mich schon lange nicht mehr als Führungsreferentin bezeichnen kann, begrüße ich es immer wieder auf Kollegen zu treffen, die sichtlich Freude an ihrer Arbeit haben und die Ausstellungen zu ungeahntem Leben erwecken.

Letztlich natürlich auch nochmal ein riesiger Dank an all jene Hundebesitzer, die sich Zeit für mich und meine Fragen genommen haben.


Sollten sie die bildliche Wiedergabe Ihres geliebten Vierbeiners nicht auf KuKu wünschen, lassen Sie es mich bitte wissen. Diesem Wunsch komme ich selbstverständlich nach.


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